Freitag, 1. September 2017

Reisebildung

Mein Herz blutet gerade, weil ich mir in meinem Hotelzimmer die Lunge aus dem Leib zu husten scheine, während ich in einer der vielseitigsten und interessantesten Städte überhaupt bin. Ich fühlte mich schon in Pisa nicht so gut, schien aber ganz gut über den Berg gekommen zu sein, bis ich nach vier wundervollen Tagen in Florenz gestern Nachmittag kapitulieren und mich widerwillig, aber einfach zu geschwächt in mein Hotelzimmer legte.
Mit Wehmut hab ich mir heute das gestern erworbene tolle Buch über Florenz durchgelesen und würde so gerne noch so vieles bewundern. Eine Woche scheint für diese Stadt ohnehin viel zu wenig zu sein und ich hätte auch ohne gesundheitliche Probleme nie alles geschafft, zumal sich mit jedem Tag neue Schönheiten und interessante Orte offenbaren. Somit tröste ich mich wenigstens ein bisschen mit dem Gedanken, dass ich definitiv wieder hierherkommen werde und versuche einigermaßen fit für meine Reise nach Rom in zwei Tagen zu werden.
Und ein Gutes hat es ja doch: immerhin komme ich wieder mal dazu, einen Blogbeitrag zu schreiben ;-)

In den letzten Tagen dominierte ein Satz mein Denken: Reisen ist die beste Bildung überhaupt!
Dazu fiel mir dann der liebe Goethe ein, der das so wunderbar ausdrückte:

"Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen."
Johann Wolfgang von Goethe

Mit einem konkreten eigenen Bezug zu einem Ort macht es plötzlich auch Spaß, sich mit den sonst eher faden, abstrakt wirkenden geografischen Fakten zu beschäftigen oder die Sprache des jeweiligen Landes zu lernen.
Während meiner gesamten Schulzeit hasste ich den Fremdsprachenunterricht.
Mit dem Englischen klappte es noch am besten, wobei auch dort meine Lehrerin nicht müde wurde zu betonen, welch schlechte Aussprache ich hätte - was letztlich dazu führte, dass ich geschlagene zehn Jahre tunlichst vermied, auch nur einen weiteren englischen Satz auszusprechen. Umso überraschender ist es jetzt zu erfahren, dass mein Englisch keineswegs so schlecht ist und andere mich mühelos so gut verstehen, dass wir uns ganze Nächte lang unterhalten können.
Das Italienisch wurde mir aufgrund einiger skurriler Unterrichtserfahrungen so verhasst, dass ich nur einen einzigen Satz in Erinnerung behielt: "Fumare fa molto male" - Rauchen ist sehr schädlich - das Thema meines letzten Referats, um einen 3er uns somit einen ausgezeichneten Erfolg in mein Abschlusszeugnis zu bekommen. Diese  negativen Erfahrungen führten sogar zu einer total ungerechtfertigten Abneigung ganz Italiens und ich könnte mir in den A*** beißen, dass mich das so viele Jahre von einem Land fernhielt, das voller atemberaubender Kultur, herzlichen Menschen, leckerem Essen und so vielem mehr ist... Und siehe da, 10 Jahre später lerne ich das Land lieben und bekomme plötzlich Lust, die Sprache zu lernen (auffrischen wäre das falsche Wort, da ich die Sprache nie wirklich beherrschte). Vor drei Tagen habe ich mir auf Duolingo prompt den Italienischsprachkurs heruntergeladen- noch dazu in englischer Sprache, da in deutsch nicht verfügbar, was inzwischen überhaupt kein Problem mehr darstellt, sondern im Gegenteil macht das doppelte Sprachtraining sogar richtig Spaß. Duolingo kann ich übrigens uneingeschränkt jeden wärmstens ans Herz legen, da es spielerisch und trotzdem effektiv aufgebaut und für etliche Sprachen verfügbar und zudem kostenlos ist.
Am Spanischlernen habe ich zuvor schon meine Freude gefunden, weil diese Sprache keine negative Konnotation aus der Schulzeit aufwies. In der Theorie klappt es für die kurze Lernzeit auch schon recht gut, in der Praxis bereitet mir die enorme Sprechgeschwindigkeit der Spanier aber noch so manche Probleme. Aber ich bleibe dran, fest entschlossen, bei meinem nächsten Spanischbesuch die Leute besser zu verstehen und zumindest einige Sätze genauso schnell zurückzuschleudern ;-)
Das erste Mal in meinem Leben macht mir das Sprachenlernen macht mir das Sprachenlernen richtig Spaß!

"Reisen sind das beste Mittel zur Selbstbildung."
Karl Julius Weber

Kultur, Literatur und Genuss pur
Ich kann jetzt schon sagen, dass diese Reise die aufregendste, interessanteste und vielfältigste Zeit meines Lebens ist und ich unglaublich dankbar für all die bereichernden Erfahrungen bin! Ich lerne nicht nur ständig etwas Neues über die Städte und deren Bewohner und Geschichte (die ich nun teilweise ganz anders wahrnehme als ich sie mir mit dem reinen Faktenwissen aus Büchern vorstellte), sondern ich lerne auch mich selbst wirklich kennen. Wenn man zwei Monate allein im Ausland unterwegs ist, teilweise jede bis jede zweite Nacht wo anders schläft und ständig von neuen Gegebenheiten und Menschen umgeben ist, lernt man richtig gut in sich hineinzuhören, was oder wer einem gut/nicht gut tut und welche Dinge für das eigene Wohlbefinden unverzichtbar sind.
Ich schätze nun beispielsweise - ich glaube das erste Mal in meinem Leben bewusst - wie schön es ist, in Österreich jederzeit überall klares Leitungswasser trinken zu können. Vorher war das für mich einfach selbstverständlich und ich hätte nicht gedacht, dass das die Sache werden würde, die mir von Österreich am meisten abgehen würde.


"Jeder muss wissen, worauf er bei einer Reise zu sehen hat und was seine Sache ist."
Johann Wolfgang von Goethe

Ich habe auch gelernt, selektiv und intuitiv Städte zu erleben und ohne zu viel Planen einfach das zu machen, wonach mir gerade ist. Hier in Florenz kam ich aufgrund des Überangebots das erste Mal ins Strudeln, weil ich als Geschichte-Liebhaberin am liebsten jedes einzelne besondere Gebäude von innen betrachten und jedes Detail in mich aufsaugen würde, mir dann aber irgendwann selbst sagen musste, dass weniger oft mehr ist. Es geht nicht alles auf einmal und ich möchte mich auf die Dinge vollkommen einlassen ohne mich zu stressen. Ich verweilte beispielsweise stundenlang im Leonardo
Da Vinci Museum und versank so in die Welt dieses Universalgenies, dass es dann zu spät war, um eine weitere Attraktion zu besichtigen. Was ich in diesen Stunden erlebt und dazugelernt habe, ist allerdings unbezahlbar. Ich freue mich schon so darauf, wenn ich das nächste Mal die Renaissance unterrichten kann. Hätte ich diese Reise doch bloß schon während oder zumindest nach meines Studiums gemacht, ich hätte so vieles, vor allem die Renaissance, viel lebendiger unterrichten können...
Wissensaneignung wie auch Sprachenlernen kann so bereichernd, spannend und lustig sein! Ich wünschte, ich hätte das schon in meiner eigenen Schulzeit besser begriffen und noch mehr hoffe ich, dass ich nicht auch eine der Lehrer bin, die Schülern ihr Fach für Jahre verhasst macht, dazu sind Philosophie, Geschichte und Literatur einfach zu kostbar und lebensbereichernd...

Ganz allgemein lässt sich sagen, dass Reisen den Horizont auf vielfältigste Weise erweitern. Ich begann mich in den letzten zwei Monaten für viele Dinge zu interessieren, denen ich früher kaum Beachtung schenkte und hab nach tagelangen Herumprobieren sogar Gefallen am Programmieren gefunden, was ich nie und nimmer für möglich gehalten hätte. Computerprofi werde ich zwar sicher nie einer werden, aber immerhin sollte es nun möglich sein, meinen Blog über Facebook zu kommentieren und liken.
Ich kann jedem nur empfehlen zu reisen und sich davon überraschen lassen, wie schön unsere Welt ist und welche verborgenen Seiten sie in einem selbst zum Vorschein bringen kann! ;-)

Weitere Fotos folgen dann beim Beitrag über Florenz. Zum Abschluss leihe ich mir noch ein paar Worte aus, die mein momentanes Gefühl sehr treffend beschreiben:


"Es scheint, dass das Reisen für mich eigentlich die zuträglichste Lebensart ist."
August Graf von Platen-Hallermünde

Goodbye - Arrivederci - Adiós - Alles Liebe, Sanni



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