Pisa
befindet sich in der Toskana und präsentiert sich – abgesehen vom weltbekannten
Schiefen Turm – relativ alltäglich. Abseits des Turms spielt sich nicht viel
ab, weder durch Sehenswürdigkeiten noch Menschenmassen.
Auf meinem
Weg von Frankreich nach Florenz machte ich einen kleinen Zwischenstopp in Pisa,
das ursprünglich eigentlich gar nicht auf meiner Liste stand. Aber da es auf
dem Weg lag, wollte ich die Chance nutzen, den Schiefen Turm mal mit eigenen
Augen zu sehen und mich gleichzeitig ein bisschen vom vielen Autofahren erholen,
bevor ich mein heißersehntes Florenz besuchte.
Wirklich
viel sprang mir in Pisa nicht ins Auge (selbst mein Reiseführer meinte, dass
sich ein Besuch in Pisa hauptsächlich wegen dem Turm lohne), es hat allerdings
auch etwas für sich, das italienische Leben abseits des Tourismus in seiner
Ursprünglichkeit zu beobachten.
Der Turm (Campanile)
ist aber eine Sehenswürdigkeit im wahrsten Sinne des Wortes! Dass das Ding
überhaupt noch steht, ist echt ein Wunder! Nicht umsonst heißt der Platz dort
Piazza dei Miracoli (Platz der Wunder), welcher mit seinen Grünanlagen rund um
die Sehenswürdigkeiten wirklich schön gestaltet ist.


Der Bau
begann bereits im 12. Jahrhundert und sollte ein schöner, frei stehender
Glockenturm für den Dom werden. Leider waren die Fundamente derart instabil,
dass der Turm sich schon während dem Bau zu neigen begann. Über 100 Jahre stand
der Bau still, bis man mit den weiteren Etagen versuchte, den Neigungswinkel
auszugleichen. Da der weiche Grund (Sand, Lehm etc.) sich aber unter dem
Gewicht des 55 Meter hohen und 14,5 Tonnen schweren Turms weiterhin verformte,
wurde der Turm nach seiner Fertigstellung im 14. Jahrhundert immer schiefer, bis
es dann in den 1990ern zu brenzlig wurde und man durch verschiedenste
Sanierungsarbeiten (hunderte Tonnen Bleibarren als Gegengewichte, Stahlreifen
zur Sicherung der durch die Neigung entstandenen Risse im Marmor, Bearbeitung
des Bodens etc.) den Turm stabilisierte, den Neigungswinkel reduzierte und bei hoffentlich
dauerhaften ca. vier Grad stoppte.
Neben dem
Turm befindet sich noch der Dom und das Baptisterium. Diese drei mittelalterlichen
Gebäude zählen seit den 1980ern zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Anmerkung: UNESCO ist die Abkürzung
für United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization. Sie ist
eine internationale Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die die
Erziehung, Wissenschaft und Kultur fördert.

Das
Baptisterium (die Taufkirche) soll angeblich eine beeindruckende Akustik haben
und je mehr Gebäude (Friedhofsanlage und Museum stehen auch noch zur Auswahl) man
besucht, desto günstiger bekommt man den Eintritt insgesamt.

Der Dombesuch ist
kostenlos, man benötigt aber entweder das Eintrittsticket von den anderen
Gebäuden oder ein Gratisticket mit einer vorgegebenen Besuchszeit. Man muss
allerdings in Kauf nehmen, dass dieser Platz insgesamt touristisch vollkommen
überlaufen ist und man selbst im Freien aufpassen muss, nicht von einer überenthusiastischen
Reisegruppe in ihrer Fotowut niedergetrampelt zu werden.

Es war echt lustig,
den ganzen Touristen beim Posieren während dem „Turmstützen“
zuzusehen und diesmal war ich wirklich chancenlos, selbst dem Touristenkitsch zu widerstehen…
zuzusehen und diesmal war ich wirklich chancenlos, selbst dem Touristenkitsch zu widerstehen…
Pisa hat
neben diesem UNESCO-Weltkulturerbe Mitte des 16. Jahrhunderts auch einen
Menschen hervorgebracht, der unser Weltbild entscheidend veränderte: Galileo
Galilei.
Glaubt man
den Legenden, hat Galileo Galilei an diesem Ort einige seiner genialsten
Erkenntnisse gewonnen: Vom Turm aus soll er die Fallgesetze erforscht haben und
im Dom soll ihm durch die Beobachtung der Bewegung der Kanzelleuchte die Idee zu
den Gesetzen der Pendelschwingung gekommen sein. Galilei trug als
Universalgelehrter (Mathematik, Physik, Astronomie, Philosophie u.a.) jedenfalls viel zu unserem heutigen Wissen bei und erlangte vor
allem große Berühmtheit, indem er das heliozentrische Weltbild von
Kopernikus (das seine Wurzeln bereits in der Antike hat und nach Kopernikus von Kepler weiterentwickelt wurde) wissenschaftlich bestätigte
und schließlich vor der Kirche widerrufen musste. (Die Kirche revidierte ihr Urteil offiziell erst im Jahre 1992...)
Literaturtipp:
Bertolt Brecht – Leben des Galilei
Wer sich für
das Leben und Schaffen Galileis interessiert, sollte unbedingt dieses wirklich
toll geschriebene Schauspiel lesen, das sich weitgehend an die historischen
Fakten hält (naja abgesehen vom Werkschmuggel, aber ein bisschen literarische
Freiheit muss ja sein…). Es behandelt insgesamt 28 Jahre seines Lebens und beschäftigt
sich neben seiner Bestätigung des kopernikanischen Weltbildes, dass die Sonne
und nicht die Erde der Mittelpunkt des Universums ist, vor allem mit seinem
Konflikt, ob er – unabhängig von den Folgen – zu seiner Entdeckung stehen soll.
„Wer die
Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine
Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“
Am Beginn
von jedem der 15 Kapitel steht ein kurzer Hinweis zum historischen Kontext und
ein Vers, beispielsweise zu Beginn des Werkes:
„Galileo
Galilei, Lehrer der Mathematik zu Padua, will das kopernikanische Weltsystem
beweisen.
In dem Jahr
sechzehnhundertundneun
Schien das Licht des Wissens hell
Zu Padua aus einem kleinen Haus.
Galileo Galilei rechnete aus;
Die Sonn steht still, die Erd kommt von der Stell.“
Schien das Licht des Wissens hell
Zu Padua aus einem kleinen Haus.
Galileo Galilei rechnete aus;
Die Sonn steht still, die Erd kommt von der Stell.“
Brecht legt
vor allem Galilei viele weise Aussprüche in den Mund (z.B.: „Unsere
Unwissenheit ist unendlich, tragen wir einen Kubikmillimeter ab.“ oder „Vertrauen
wird dadurch erschöpft, daß es in Anspruch genommen wird.“) und die Dialoge
gestalten sich meiner Meinung nach locker lustig, aber ebenso informativ. Als kleine Kostprobe findet ihr auf diesem Foto den Moment, in dem
Galilei seinem Schüler begreiflich machen will, dass sich die Erde um die Sonne
dreht und nicht umgekehrt.
Fazit:
Der Turm ist toll und wirklich sehenswert – sonst ist Pisa aber ziemlich
unspektakulär.
Tipp:
Wenn ihr in die Toskana wollt, besucht das traumhafte Florenz und macht davor
oder danach einen kurzen Abstecher zum Schiefen Turm - Pisa ist nur etwa 1 ¼
Stunden bzw. 85 Kilometer von Florenz entfernt!
In Zentrum
Pisas besteht wie in den meisten italienischen Innenstädten Fahrverbot (ZTL –
Zona Traffico Limitato). Parkplätze gibt es beispielsweise gebührenpflichtig
beim bewachten Pisa Tower Parking oder kostenlos beim Free Parking Via
Paparelli. Man hört immer wieder von aufgebrochenen Autos in Pisa, aber ich
ließ mein Auto trotzdem am unbewachten kostenlosen Parkplatz stehen und
spazierte die ca. 15 Minuten zum Turm. Dafür bekam ich bei der Rückkehr zum
Auto einen richtigen Schrecken: „Das gibt es doch nicht, da sitzt jemand in
meinem Auto! Was kramt der denn da herum? Das darf doch wohl nicht wahr sein!“
dachte ich unter pochendem Herzrasen und beschleunigte meinen Schritt, ohne
eigentlich genau zu wissen, was ich tun werde, wenn ich beim Auto angekommen bin,
da der Parkplatz zu dieser Zeit ziemlich verlassen war und ich kräftemäßig wohl
kaum gegen einen Mann ankomme würde. Umso erleichterter war ich, dass die ganze
Panik Gott sei Dank umsonst war, denn es handelte sich bloß um eine simple optische Täuschung: Hinter
meinem Auto stand ein weiteres weißes Auto, das von meinem komplett verdeckt
wurde, dass es von der Entfernung tatsächlich so aussah, als säße der Mann in
meinem Auto. Tja und so wird einem auf Reisen nie langweilig :)